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Rede Thorsten Wagner


Und wenn du denkst, es geht nicht mehr… kommt irgendwo ein Lichtlein her. Trostvolle Worte als Motto der Installation, die Detlef Güthenke und Eckard Kleßmann da stiften. Insgeheim mag der ein oder andere von Ihnen denken, trostvolle Worte, das ist, was uns gerade mal fehlt zum Glück – und das ist, was Sie, liebe Ratsfrauen und Ratsherren, gerade vor einer schwierigen Ratssitzung – in sparsamen Zeiten ist ja jede Ratssitzung schwierig, gebrauchen können. Und was sie oben möglicherweise nicht bekommen, gleich in der Sitzung, das gibt es unten an der Basis beim Volk, auch beim Kunst schaffenden Volk in Gestalt der beiden Macher.

Licht für die Helden der finanziellen Finsternis – und als solcher darf sich ja nun jeder und jede fühlen, der und die das Beste aus einer schwierigen Situation macht.

Für Beamte in diesem Haus hätte man vielleicht wahlweise das Motto zur Verfügung stellen sollen: Mein Licht geht aus, ich geh nach Haus – doch betrachtet man die Installation genauer, versteckt sich in ihr in Verbindung mit dem Motto das Risiko von unkontrolliertem Kommen und Gehen.

Armleuchter sind keine dabei, vielleicht Heimleuchter, Heimleuchter ganz normaler Gütersloher, die damit signalisieren könnten: Hier leuchtet das Volk, klein und bescheiden, aber in der Summe immerhin Gesamtkunstwerk tauglich. Bleiben wir bei den Heimleuchtern, dann mögen sie vielleicht daran erinnern, dass ganz individuelle Menschen – in diesem Fall ihre ganz individuellen Leuchten – es sind, die Licht in dieses Haus bringen, Leuchter also Bürger, die sich nicht einfach ausknipsen lassen. Insofern dient die Installation auch als Mahnmal oder weniger dramatisch vielleicht als kleine Gedächtnisstütze, die daran erinnert, um wen es in diesem Haus eigentlich geht.

Das Bett darunter lässt Deutungen zu und bietet Chancen an: Ein Bett im Rathaus, aus dieser Tatsache allein einen Spruch zu formen, wäre kalauern auf niedrigem Niveau. Was aber, wenn sich mal andere reinlegen würden, als die allseits für ihren vermeintlichen Büroschlaf gescholtenen Beamten. Was zum Beispiel, wenn ein Widersacher von Maria Unger, so es einen solchen gibt, sagen würde: Heute lege ich mal die Bürgermeisterin rein – ins Bett nämlich, damit sie sich ein Bild von den Leuchten unter den Bürgern machen kann? Was aber, wenn von dort aus ein ganz entspannter politischer Dialog stattfände, bei dem die Leuchten mit ihrem eingeschalteten Zustand ein eindeutiges „Ja“ signalisierten. Für manchen auf der Suche nach Mehrheiten würden Träume wahr... Viel wahrscheinlicher aber ist eine künstlerische Anspielung auf das allfällige Zitat: „Wenn einer schläft und alles wacht...“. Ein Zeichen, dass wir in Gütersloh auch die Müden und Beladenen mitnehmen vielleicht...

Bleibt im Reich der technischen Finessen dieses Kunstwerks, liebe Gütersloherinnen und Gütersloher, der Blick auf das aufflammende Zahlenwerk an der Wand: 96020 – unzweifelhaft die Zahl der Einwohner dieser Fast-Großstadt – natürlich, wie in der üblichen Einwohnerstatistik auch, unter Weglassung unserer britischen Freunde. Würden wir sie hinzuaddieren, dann hätten wir längst den Status einer Großstadt. Aber wollen wir den mit der uns eigenen Mentalität eigentlich wirklich? Ist es nicht viel angenehmer, noch Ziele vor Augen zu haben, nämlich den Titel Großstadt zu erreichen. Oder liegt nicht auch ein Reiz darin, zwar eigentlich schon Großstadt zu sein, aber sich ob der künstlich unter 100.000 Einwohner gehaltenen Statistik noch immer kleinstädtisch aufführen zu können. Zwischen Kaff und Kosmos – auch das haben uns die Herren Güthenke und Kleßmann in früherer Zeit erfahren lassen, ist es ein schmaler Grat. Nutzen wir ihn, um uns selbst treu zu bleiben, pflegen wir die klein- mittel- oder großstädtisch geprägte Auseinandersetzung mit unserem eigen, dem Chütsler Charme – und erkennen sie bitte, dass es ab sofort einen weiteren Ort der Auseinandersetzung gibt: Lichter der Großstadt – in der Rathaus-Edition – ein Beispiel, dass in der Kunstszene auch noch Lichtgestalten, zumindest aber Lichtobjekte – auch für einen schmalen Taler – möglich sind. Viel Spaß dabei – Danke schön.